Sonntagsfrühstück, 27.August

Einen wunderschönen guten Morgen!

Diese Woche war wieder Mädel-Stammtisch mit ausgezeichnetem Essen, viel Wein und Diskussionen. In erster Linie wurde über die schlechte Stimmung in unserem Land diskutiert, kein Wunder, denn schlechte Nachrichten beherrschen die Schlagzeilen in den Medien. Krieg, Klimawandel, Wirtschafts- und Energiekrise. Das hat es früher alles nicht gegeben – früher war alles besser!

Früher was alles besser – diesen Spruch kennt jeder und das hat schon meine Oma gesagt. Aber warum ist das so? Je älter wir werden, desto häufiger überschreiben wir unsere Erinnerungen selbst. Ein Grund, warum gerade Senioren so häufig von der guten, alten Zeit reden, obwohl sie im Grunde von Einzelnen gar nicht so toll gewesen ist. Als ich meinen Einwand in die Runde warf, dass nicht alles besser, sondern nur anders war, hat mir der Großteil dann doch zugestimmt. Wir schwelgen in unserer Vergangenheit und träumen von früheren Zeiten, in denen der Himmel blauer, die Wiesen grüner und das Eis besser schmeckte. Früher konnte man zu Ostern Kniestrümpfe tragen, ab Ostern wurde es immer wärmer. Ja klar, wir trugen Kniestrümpfe oder Socken zum kurzen Kleid, haben aber gefroren wie die Schneider. Das Wetter war nicht anders als heute. Aus der Runde kam dann sofort – früher hatten wir einen richtigen Sommer und im Winter lag meterhoch Schnee, da waren die Jahreszeiten noch präsent. Kleine Erinnerung gefällig – es ist noch gar nicht so lange her, da beklagten wir uns, dass wir Schnee ohne Ende hatten und das von Mitte Dezember bis zum Februar.

Heute wird über die 4-Tage-Woche diskutiert, weniger Arbeiten, mehr Freizeit bei gleicher Bezahlung. Früher gab es die 6-Tage-Woche mit 48 Stunden und der Mann konnte von seinem Einkommen die Familie ernähren. Auch in den 60er Jahren gab es eine Wirtschaftskrise, 2008 ebenfalls, 1962 kämpfte Hamburg gegen die schwerste Sturmflut in der Geschichte und im Osten wurde die Mauer errichtet. Ich kann mich noch gut an die Ölkrise 1973 erinnern, die Energieversorgung geriet ins Wanken, den Vietnamkrieg oder an die Schrecken des RAF-Terrorismus. Nicht vergessen darf man den ersten und Zweiten Weltkrieg. Früher war alles besser! Es gab Vollbeschäftigung und die Dinge hatten mehr Beständigkeit. In den 80er gab es das Waldsterben und die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Trotz allem sagen viele, dass damals alles besser war. Wenn wir aber das Schlechte vergessen, das Gute hingegen in bester Erinnerung behalten, folgt logischerweise die Sehnsucht nach der vermeintlich besseren Vergangenheit.

Doch ich beneide die heutige Jugend nicht, die sich ihren Platz in der Welt noch erkämpfen müssen. Sie müssen heute sehr flexibel sein, weil sie einen Beruf erlernt haben, der morgen vielleicht schon zum Auslaufmodell geworden ist. Wie sagte Heinz Erhardt so schön: „Früher war alles gut, heute ist alles besser. Es wäre besser, wenn wieder alles gut wäre!”

Wünsche euch einen schönen Sonntag!