Wenn man sich selbst im Wege steht
Ich befasse mich seit einiger Zeit mit dem Thema Träume & 60 und gelange dabei immer wieder an Grenzen, die es mir schwer machen frei zu denken. Eine davon ist, dass ich nicht weiß was passieren wird und ob mir das Leben erlaubt diese Träume noch zu erfüllen. Ich ertappe mich immer wieder bei Besuchen im Pflegeheim bei meiner Mutter dabei die alten Menschen zu beobachten. Viele der Bewohner sind bei weitem noch nicht so alt wie meine Mutter, aber deutlich schwerer eingeschränkt. Was wenn mich eine Krankheit, ein Unfall oder die gefürchtete Demenz befällt? Der Gedanke wird dann meist schnell weggewischt, hat sich aber scheinbar in meinem Unterbewusstsein festgesetzt. Dabei sollte doch gerade das der Grund dafür sein, jetzt darüber nachzudenken was man mit den wertvollen Jahren noch machen möchte. Geradezu ärgern muss ich über mich selbst, denn wie dankbar muss man für jeden neuen Tag sein an dem man fit und gesund aufstehen darf. Wir sind es uns selbst schuldig bewusster mit diesem Geschenk umzugehen und nicht einfach zu warten was das Leben mit einem macht. Aber leichter gesagt als getan, wenn sich diese Angewohnheit im eigenen Leben breit gemacht hat. Sitze ich mit Freunden zusammen, die deutlich jünger sind als ich, fällt mir aber immer häufiger auf, dass diese Ängste nichts mit dem Alter an sich zu tun haben. Es scheint als würden immer mehr Menschen mit dem gleichen Problem kämpfen. Viele verdrängen das Altern an sich. Wer sich fit, gesund und kraftvoll fühlt hat in der Regel auch keinen Grund sich unnötige Gedanken zu machen. Bei mir war es ähnlich bis meine Mutter vor einigen Jahren körperlich immer mehr abgebaut hat und schlussendlich zum Pflegefall geworden ist. Es hat mich wahnsinnig erschreckt wie schnell dieser Prozess gegangen ist und dass man hilflos zusieht wie ein geliebter Mensch immer mehr seiner Selbständigkeit verliert. Gerade meine Mutter war immer eine “Macherin”, deshalb war es anfangs für sie besonders schwer Hilfe anzunehmen. Mir geht es nicht anders und ich fürchte mich davor in diese Situation zu geraten. Dennoch, es ist noch nicht soweit und deshalb möchte ich die Jahre die mir noch im fiten und gesunden Zustand geschenkt werden ausgiebig genießen und nutzen. Es geht nicht darum alles zu ändern, auszubrechen oder umzudrehen. Es geht auch nicht darum das ich unzufrieden bin, ganz im Gegenteil, vielmehr geht es darum sich bewusst zu machen was da noch alles sein könnte. Als kleine Hilfestellung arbeite ich gerade an einer Liste mit Dingen die ich unbedingt noch machen, erleben oder sehen will. Es kostet mich einige Überwindung auch Dinge aufzuschreiben die heute vielleicht aus den verschiedensten Gründen absolut unrealistisch sind. Aber es tut gut darüber nachzudenken und diese Grenzen im Kopf zu überwinden. Denn nur wer überhaupt Träume hat bekommt vielleicht die Möglichkeit sich den einen oder anderen zu erfüllen. Viele kleine Träume liegen direkt vor der eigenen Nase, man hat nur 1000 Gründe sie nicht zu bemerken oder bewusst anzunehmen.
Ich habe mir den ganzen Winter vorgestellt wie es sich anfühlen würde barfuß über eine Wiese zu laufen. Kaum war es Sommer und warm genug Schuhlos raus zu gehen vielen mir zig Gründe ein es nicht zu tun. Meine Tochter war es schlussendlich die mich immer wieder daran erinnert hat. Bei einem Spaziergang mit unserem Hund meinte sie, komm wir gehen über die Wiese und du ziehst die Schuhe aus. Etwas verwundert stand ich da und konnte mich anfangs nicht überwinden. Warum? Ich weiss es nicht. Ich ließ mich dann doch überreden und spazierte barfuß über eine Sommerwiese. Es fühlte sich genauso an wie ich es mir vorgestellt hatte – herrlich. Eine alberne Kleinigkeit die nichts mit großen Träumen zu tun hat. Aber es hat gut getan, und im kommenden Winter werde ich die Augen schließen und mir noch bewusster vorstellen können wie es sich anfühlt barfuß über eine Wiese zu laufen. Dabei das Gras und die Blumen unter meinen Fusssohlen zu spüren und in der Luft riechen zu können. Das sind kleine Träume und Wünsche die wir uns jederzeit erfüllen können wenn wir über unseren Schatten springen. Manchmal kindisch und albern zu sein tut unglaublich gut. Und träumen verlernt man nicht, man kommt nur aus der Übung.