Sonntagsfrühstück, 20.November

Einen wunderschönen guten Morgen!

Heute beginnt die Fußball-WM und für mich als Fan hält sich die Vorfreude im Vergleich zu den vorherigen WMs in Grenzen. Immer wenn sich die besten Nationalmannschaften der Welt in einem Land trafen, um den begehrten Titel zu gewinnen, habe ich, meine Familie und meine Freunde dem Wettbewerb entgegengefiebert. Es wurden Wetten abgeschlossen, beim Dorfwirt auf der großen Leinwand geguckt, gegrillt und der Fernseher im Garten aufgestellt, es lag immer Enthusiasmus, Vorfreude und gute Laune in der Luft. Es wurde gelacht, gefeiert, gelitten, mitunter geflucht und manchmal auch geweint. Mein Deutschland Trikot ist gewaschen, die Deutschland-Fahne hängt zwischen der Lichterkette – doch diese WM ist anders.

Sicher ist ein Großereignis dieser Art immer ein besonderes Highlight, doch bei dieser WM im Gastgeberland Katar will die Vorfreude wegen der zahlreichen Menschenrechtsverstöße nicht aufkommen. Diese WM ist sehr umstritten, angefangen schon bei der Vergabe, hat viele Menschenleben gekostet und wenn der Ball rollt, werden 32 Nationen nicht gegen Menschenrechte oder Korruption spielen, sondern im Ruhm, Ehre und dem wichtigsten Pokal der Fußballgeschichte. Jede Weltmeisterschaft schreibt dabei grandiose und dramatische Geschichten, ermöglicht völkerverbindende Momente, da wird vermutlich Katar keine Ausnahme sein.

Für einen Fußballfan ist die WM spannend und es gibt nichts Schöneres, als den Fernseher einzuschalten. Nicht nur, weil es Spiele in Katar gibt, die bereits um 11 Uhr morgens deutscher Zeit angepfiffen werden, sondern weil es neben den Spielen natürlich immer Vor- und Nachberichte sowie Expertenrunden geben wird. Auch wenn ich mir keine besonders große Hoffnung mache, dass das DFB-Team am Ende den WM-Pokal in den Nachthimmel stemmt, doch eine klitzekleine Chance besteht. Warum also kein Wintermärchen von Katar? Schließlich ist der Torschütze Mario Götze, von der WM in Brasilien, mit von der Partie – ist doch ein gutes Omen.

Fußball-WM im Advent und dann auch noch in Katar, irgendwie passt es nicht zusammen. Wir kennen das Sommermärchen, Public Viewing, lustige Grillabende und Kneipenjubel und wenn das runde Leder über den Rasen rollt, steckt es sogar Menschen an, die sonst mit Fußball nix am Hut haben. Und selbst eine herbe Niederlage lässt sich im Sommer mit einem kalten Aperol Spritz klein trinken, ob es mit Glühwein klappt, kann ich erst nach der WM beurteilen. Es ist also nicht nur der Zeitpunkt falsch, sondern auch der Austragungsort. Die Bestechlichkeit der Fifa ist Grund für die Vergabe – zuerst 2018 in Russland und dann für Katar 2022. Der Preis der Schmiergelder ist jedoch nichts gegenüber dem hohen Preis, den die Gastarbeiter in Katar mit dem Leben bezahlt haben. Frage mich seit Tagen oft, ob ich die WM boykottieren soll, wie es die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert. Kann ich meine Leidenschaft für den Sport auf Eis legen? Ich weiß es nicht, doch es fühlt sich nicht richtig an, die WM zu verfolgen.

Wünsche euch einen schönen Sonntag.