Teil 5 meiner Reitgeschichte
Ich habe mich entschlossen, meine Reitstunden in den heimischen Stall zu verlegen und nicht mehr in die Reitschule zu fahren. So sehr es mir auch Spaß gemacht hat und ich mich immer wohler gefühlt habe. Eine Stunde hin und eine Stunde zurück – dazu Sommerzeit – was bei uns gerne Stau bedeutet. Diese Zeit wollte ich besser nutzen. Unser Stall war nur 5 Minuten mit dem Auto entfernt und die eigenen Pferde müssen schließlich auch bewegt werden.
Die Reitlehrerin Barbara hatte vor Kurzem ihre Prüfung zum C Trainer erfolgreich abgeschlossen und gab mir und auch anderen Einstellern regelmäßig Reitstunden. Eigentlich im Western Bereich, aber sie meinte die Basic sind ähnlich und das wäre kein Problem, auch wenn ich nicht Western Reiterin werden möchte. Ein bisschen skeptisch war ich schon – wir hatten immerhin ein Island Pferd. Wie passt das zusammen? Passt das zusammen? Kann ich das? Aber Barbara war sehr einfühlsam, verstand meine Ängste und da ich sie gut kannte, hatte ich auch weniger Schamgefühl und scheute mich nicht Fragen zu stellen. Ein weiterer Vorteil war ausserdem, dass sie unsere Rosii mit ihren Eigenheiten gut kannte, das machte es für sie und mich einfacher die passenden Lektionen zu finden.
Mittwoch 17. Juli, für 18.00 Uhr wurde eine Reitstunde vereinbart. Meine Tochter war noch bei der Arbeit – daher muss ich alleine ran. Oh Gott. Also Pferd von der Weide holen, putzen, satteln und zäumen. Bei allen Dingen ausser putzen fühlte mich mich schon bei dem Gedanken sehr unwohl. Zur Sicherheit bin ich deshalb schon um 17.00 Uhr an den Stall, damit die Reitstunde pünktlich beginnen konnte und ich ausreichend Zeit und keinen Druck hatte. Ich war sehr angespannt – der Tag lief nicht ohne Hindernisse und es war das erste Mal dass ich Rosii, komplett für die Reitstunde vorbereiten sollte. Rosii stand mit acht anderen Pferden auf der Weide, friedlich beim grasen. Eine Pferdeherde ist für mich immer faszinierend, wenn wie hier, Ruhe und Ordnung herrscht – ein wunderbarer Anblick zum Entspannen. Ein Pferd schläft, eines trinkt gerade und eine Stute wälzt sich eben genüsslich im Gras. Pferdeidylle! Ausgestattet mit dem Stallhalfter und einem Apfel marschierte ich los und hatte das Bild im Kopf wie Rosii mir wiehernd im Galopp entgegen kommt, so wie es in Filmen häufig dargestellt wird. Soweit der Traum.
Forsch, womöglich zu forsch ging ich auf Rosii zu, in ca. 10m Entfernung entdeckte sie mich, drehte sich und lief im Galopp davon. 2. Versuch – ich wage es erneut – sie wechselt die Richtung und ist rennt davon. Mittlerweile bin ich aus der Puste – die Weide ist riesen groß und eine kleiner Hanglage, das heißt es geht bergauf und bergab. Geschätzte und gefühlte 100 Versuche blieben ohne Erfolg. Letzter Versuch – schon sehr genervt und immer nervöser. Komme Rosii ein gutes Stück näher, aber dann wieder, ein Blick, eine Drehung und weg ist sie. Nun nutze sie auch noch den Schutz der anderen Pferde die mittlerweile auch schon aufgescheucht waren. Klug wie sie ist versteckte sie sich immer inmitten der anderen Pferde, besonders gerne hinter einem großen Wallach vor dem ich wirklich Angst habe. Ich gab verärgert und erschöpft auf. Sie stand da und schaute mich mit gespitzten Ohren an, fast hätte man den Eindruck, sie hätten einen Heidenspass an der Sache. Vor allem aber hatte sie gewonnen, als ich wieder in Richtung Stallungen ging und mich noch einmal umdrehte, sah ich wie sie schon wieder zufrieden graste. Den Kampf hatte ich verloren – ich war richtig frustriert!!! Die Lust auf eine Reitstunde war mir völlig vergangen. Mir hochrotem Kopf kam ich am Stall an, setzte mich in den Schatten und wollte nur noch ausruhen.
Hoffentlich hatte ich keine Zuschauer – wie peinlich – was für eine Blamage! Sie will wohl lieber bei ihren Freunden bleiben oder hat keine Lust auf Reitstunde und arbeiten. Oder sie mag mich einfach nicht. Warum auf dem Reitplatz Runde für Runde drehen wenn es auf der Weide doch viel schöner ist. Viele Fragen blieben unbeantwortet.
Als Barbara dann um kurz vor 18.00 Uhr kam, war sie etwas verwundert, dass ich noch ohne Pferd auf sie wartete. Sie meinte ich hätte es mir anders überlegt und munterte mich auf. Es kostetet mich einige Überwindung ihr zu erzählen was wirklich das Problem war. Denn – sollte man auf das Pferd steigen wenn man es nicht mal von der Weide holen kann? Aber, sie lachte, sie lachte von ganzem Herzen und meinte, dass es meiner Tochter auch oft so gehen würde. Dann meinte sie, es ist kein Problem, sie hätte heute gut Zeit und sie würde mir Rosii holen und dann beim Fertigmachen helfen. Langsam ging sie auf Rosii zu um sie von der Weide zu holen, nahm Kontkt auf, sprach sie beim Namen an, legte ihr das Halfter an uns schon war sie fertig. Wahnsinn, es liegt wohl doch an mir. Für mich war es frustrierend zu sehen wie leicht es bei Barbara ging. Sie erklärte mir anschließend, dass es nur funktioniert wenn man 100%ig bei der Sache ist, mutig aber ruhig und mit der korrekten Körpersprache. Das will ich auch lernen. Wirkt der Reiter unsicher – wie ich – fühlt sich das Pferd ebenso unwohl und will nicht in deiner Nähe sein, führte Barbara weiter aus. Beim putzen, satteln und trensen half sie mir mit gekonnten Handgriffen. Ich konnte gar nicht so schnell schauen schon saß ich auf dem Pferd. Hätte sie mich gefragt ob ich es für heute sein lassen will, hätte ich ohne zögern und dankbar ja gesagt, aber so wurde ich mit einer sehr lehrreichen und lustigen Reitstunde belohnt. Barbara gab unglaublich viele und hilfreiche Tips die ich heute noch beherzige. Sie nahm mich erst an die Longe um zu sehen was schon sitzt und anschließen kam mein Highlight, sie baute mir mit Pylonen Figuren und Hindernisse auf die ich durchreiten sollte. Das machte dann richtig Spaß. Mehr dazu, und warum ich Pylonen liebe habe ich in einem separaten Artikel geschrieben. Was ich für dieses Mal mitnehme, ist dass man nicht erwarten sollte dass alles gleich klappt. Es gibt Menschen die seit Kindesbeinen mit Pferden zu tun haben und heute noch lernen. Wie kann ich dann von mir erwarten alles innerhalb weniger Monate zu beherrschen. Also Geduld lernen und viel üben.